Datum: 13.01.2024

Geschrieben von: Jonas Carstensen (Dennis Tritsky/ Lucas Rauland) für Jusos Koblenz

Ergebnis: Einstimmig Angnommn: Überweisung als Material an die Stadtratsfraktion  + neuer Arbeitsschwerpunkt 

Frauen in der Wohnungslosigkeit
Von Wohnungslosigkeit betroffene Frauen stellen eine besonders vulnerable Gruppe dar. Ebenso wie in der Gesamtgesellschaft sind Frauen auch in der Wohnungslosigkeit besonders häufig Opfer von Gewalt, insbesondere sexualisierter Gewalt.

Deshalb müssen wir auch in der Wohnungslosenhilfe Strukturen schaffen, die dieser Gefährdung Rechnung tragen. Bisher gibt es für wohnungslose Frauen in Koblenz in vielen Einrichtungen keine separaten Duschen. So sind die Duschräume beispielsweise im Mampf sogar nur über die Männertoilette zugänglich.

Auch die Unterbringung im städtischen Übernachtungsraum erfolgt nicht immer getrennt nach Geschlechtern. Da keine Ansprechperson vor Ort ist, muss eine Frau in Gefahrensituationen das Ordnungsamt zu Hilfe rufen und hoffen, die Zeit bis zur Ankunft wohlbehalten zu überstehen.

Die Gesamtsituation im städtischen Übernachtungsheim führt dazu, dass einige wohnungslose Frauen selbst im Winter ein Übernachten im Freien bevorzugen oder, oftmals nach dem Prinzip “Schlafplatz gegen Dienstleistung”, bei Bekannten Zuflucht suchen. Doch auch so sind Frauen in einem, in einigen Fällen missbräuchlichem, Abhängigkeitsverhältnis. Über dies wird dadurch die eigene Wohnungslosigkeit kaschiert.

Deshalb setzen wir uns dafür ein, den Schutz von Frauen in der Wohnungslosigkeit zu erhöhen. Dafür fordern wir schnellstmöglich die Verfügbarkeit von eigenen Duschräumen für Frauen zu erhöhen sowie die Unterbringung in städtischen Einrichtungen perspektivisch vollständig nach Geschlecht getrennt zu gestalten.

Familien in der Wohnungslosigkeit
Auch Familien sind von Wohnungslosigkeit betroffen. Oftmals bestehen solche Familien aus einer alleinerziehenden Mutter mit ihren Kindern. Bisher werden Familien in akuten Fällen im städtischen Übernachtungsheim “Am Luisenturm” untergebracht. Dabei kommt es vor, dass sie sich mit Unbekannten, oft alkoholisierten Männern ein Zimmer teilen müssen. Auch die sanitären Anlagen müssen gemeinschaftlich genutzt werden. Dies stellt sowohl für die Mutter, die als Frau besonders gefährdet ist, als auch für die Kinder ein hohes Risiko dar.

Deshalb setzt sich die SPD Koblenz für die separate Unterbringung von Familien ein.

Mein bester Freund, mein Hund
Für viele Wohnungslose ist ihr einziger dauerhafter Begleiter und Bezugspunkt ihr Hund.

Derzeit gibt es in Koblenz für Wohnungslose keine Übernachtungsmöglichkeit für Wohnungslose mit Hund. Im Winter stehen viele Wohnungslose vor der Entscheidung Wärme oder Hund. Entscheiden sie sich für die Inanspruchnahme eines Übernachtungsplatzes, müssen sie ihren Hund ab- bzw. in ein Tierheim geben. Aufgrund ihrer Wohnsituation ist es den Tierheimen im Anschluss nicht möglich, den Hund wieder zurückzugeben, da eine artgerechte Tierhaltung nicht gewährleistet werden könne.

Gleichzeitig ist uns klar, dass eine unkontrollierte Mitnahme von Hunden in die bestehenden Unterkünfte zu weiteren Problemen und Spannungen führen kann.

Dennoch setzen wir uns dafür ein, kurzfristig Übernachtungsmöglichkeiten auch für Wohnungslose mit Hund zu schaffen.

Langfristig kann eine Nachnutzung der bestehenden Containerunterkünfte für Geflüchtete eine Lösung darstellen, sobald diese nicht mehr benötigt werden.

Auch Wohnungslose sind hundesteuerpflichtig. Faktisch zahlen Wohnungslose in aller Regel trotz Verpflichtung in der Regel keine Hundesteuer. Dadurch können in Einzelfällen Nachforderungen oder ein Schuldenaufbau durch ausbleibende Zahlungen entstehen. Dies kann eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft und einen Neuanfang erschweren.

Deshalb fordern wir die Satzung der Stadt Koblenz über die Erhebung der Hundesteuer um eine Steuerbefreiung für Obdachlose zu ergänzen.

Weiterentwicklung des städtischen Übernachtungsheimes “Am Luisenturm”
Das städtische Übernachtungsheim bietet derzeit Betten für 27+13 Personen. Die Wohnungslosen sind dort in Mehrbettzimmern untergebracht. Im städtischen Übernachtungsheim “Am Luisenturm” finden im Gegensatz zum städtischen, von der AWO betriebenen Wohnprojekt in der Herberichstraße auch Menschen mit akuten Sucht- und Drogenproblemen einen Übernachtungsplatz. Eine Ansprechperson ist nicht vor Ort.

Dies stellt in Streit- und Gefahrensituationen insbesondere für Frauen ein Problem dar. Laut einer von Studierenden der Hochschule Koblenz durchgeführten Befragung von Wohnungslosen in Koblenz treten dort auch regelmäßig Probleme bei der Hygiene auf. Die besondere Gefährdung von Frauen wird durch die Befragung bestätigt. Weiter berichten Nutzer*innen der Einrichtung häufig über nächtlichen Lärm und über Diebstahl ihres Eigentums.

Deshalb setzen wir uns als SPD Koblenz für eine*n Pförtner*in bzw. eine durchgehende nächtliche Betreuung analog zu den nachts bestehenden Strukturen in der Herberichstraße ein. Auch fordern wir eine Bereitstellung größerer Spinde bzw. Schließfächer sowie den Umbau der aktuell kostenpflichtigen Duschen zu einem kostenfreien Druckknopfsystem.

In Koblenz engagiert sich eine Vielzahl gemeinnütziger Organisationen und ehrenamtliche Helfer*innen in Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung für die Wohnungslosen unserer Stadt. Dadurch stehen auch im Winter fast durchgehend Kälteschutzräume wie beispielsweise das Mampf zur Verfügung. Leider gibt es dennoch, besonders sonntags, Lücken in der Verfügbarkeit des Wärmeangebotes.

Deshalb fordern wir eine Anpassung der Öffnungszeiten des Übernachtungsheimes, sodass abgestimmt mit den bestehenden Angeboten ein lückenloses Angebot an Kälteschutzräumen besteht.

Erfolg Housing First erweitern
Mit dem Programm Housing First etabliert die SPD-geführte Landesregierung einen wichtigen, international erfolgreichen Ansatz in der Wohnungslosenhilfe. Die Landesregierung beschreibt dieses Konzept wie folgt: “Mit dem Housing First-Ansatz wird das Recht auf Wohnen als Grundbedürfnis in den Mittelpunkt gerückt. Eine eigene und dauerhaft gesicherte Wohnung soll den Grundstein für die Stabilisierung der Lebensverhältnisse und die soziale Inklusion von Langzeitwohnungslosen mit komplexen Problemlagen bilden.” Das Konzept bietet einen niedrigschwelligen und weitgehend auflagenfreien Ansatz der Wohnungslosenhilfe.

Koblenz bildet dabei eine von drei Modellregionen und setzt das Konzept erfolgreich um. Dabei fungiert die AWO Koblenz als Trägerin des Projektes. Für dieses Programm stellen private und städtische Wohnbaugesellschaften aktuell 8 Wohnungen zur Verfügung. Seit Sommer 2023 sind bereits 4 Wohnungslose dauerhaft in eine eigene Wohnung gezogen, was gemessen an der Zahl von ca 400-500 Wohnungslosen in Koblenz einen großen Erfolg darstellt. Viele weitere Wohnungslose sind durch die Aussicht auf eine eigene Wohnung motiviert und wünschen sich eine Teilnahme an diesem Programm. Von den in Koblenz in der Wohnungslosenhilfe engagierten Menschen wird das Programm durchgehend gelobt und positiv bewertet.

Bisher ist dieses Programm von der Landesregierung als Modellprojekt konzipiert und für 3 Jahre ausfinanziert. Angesichts der bereits erreichten Erfolge haben wir das Ziel, das Problem der Wohnungslosigkeit in Koblenz dauerhaft zu lösen.

Deshalb setzen wir uns gemeinsam mit Anna Köbberling, Minister Alexander Schweizer und der gesamten Landtagsfraktion auf Landesebene dafür ein, dieses Projekt dauerhaft fortzuführen und zu erweitern.

Auf kommunaler Ebene haben wir mit unserer Stadtratsfraktion die Koblenzer Wohnbaugesellschaft erfolgreich weiterentwickelt. Dies setzen wir fort und wirken gleichzeitig darauf hin, dass unsere Koblenzer Wohnbaugesellschaft bei Bedarf, soweit möglich, weitere Wohneinheiten für dieses Projekt zur Verfügung stellt.

Wohnungslose mit Bewegungseinschränkungen – Barrierefreiheit
Auch und insbesondere Wohnungslose sind von körperlichen Einschränkungen betroffen. Derzeit gibt es für Wohnungslose im Rollstuhl keine barrierefreie Übernachtungsmöglichkeit. Weder im städtischen Übernachtungsheim “Am Luisenturm” noch im Übernachtungswohnheim in der Herberichstraße gibt es auch nur eine barrierefrei zugängliche Übernachtungsmöglichkeit. So kommt es regelmäßig zu Fällen, in denen eine Unterbringung in städtischen Einrichtungen nicht möglich ist.

Auch für weniger schwer bewegungseingeschränkte Wohnungslose ist das städtische Übernachtungsheim “ Am Luisenturm” kaum zu erreichen. Dies liegt nicht nur am Zugang zum Wohnheim über Stufen, sondern auch an der sehr steilen Strecke zwischen Bushaltestelle und Wohnheim.

Deshalb fordern wir die Schaffung einer barrierefrei zugänglichen Übernachtungsmöglichkeit. Weiter wünschen wir uns eine barrierefreie Erreichbarkeit des Übernachtungsheimes bei der Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln.

Streetwork in Koblenz
Streetworker*innen sind das Bindeglied zwischen Wohnungslosen und den kommunalen Hilfsangeboten. Ihre aufsuchende Hilfe erreicht auch diejenigen, die nicht mehr in der Lage sind selbstständig auf das soziale Sicherheitssystem zuzugreifen. Ihre Arbeit ist unerlässlich bei der Hilfe für Wohnungslose und weitere Personen in multiplen Problemlagen.

Bisher sind sie im Auftrag der Stadt Koblenz in der Regel vormittags zwischen 9 und 11 Uhr auf der Straße unterwegs. Begründet wird dies damit, dass gerade Personen mit Suchtproblemen vormittags eher ansprech- und erreichbar sind als zu späteren Tageszeiten.

Gerade dann kommt es aber vermehrt zu Konfliktsituationen in denen Streetworker*innen als Bezugsperson und bekannte Ansprechpartner*innen vermitteln können und helfen, Konflikte zu lösen oder wenigstens zu entschärfen. In Städten wie z.B. Frankfurt arbeiten Ordnungsamt und Streetworker*innen eng zusammen.

Diesen Ansatz halten wir in Koblenz für sinnvoll und setzen uns entsprechend für ein erweitertes Betreuungs- und Streetworkkonzept ein.

Defensive Architektur

Der Begriff „Defensive Architektur“ (auch „Anti-Obdachlosen-Architektur“) beschreibt eine Gestaltung des öffentlichen Raums, die dazu bestimmt ist, unerwünschte Aktivitäten zu verhindern. Beispiele hierfür sind Bänke mit starken Rundungen oder Armlehnen in geringem Abstand zueinander oder Betonklötze mit Spitzen unter Brücken.

Die Stadt Koblenz hat sich bisher fraktionsübergreifend gegen dieses menschenfeindliche Konzept entschieden. Darauf können wir stolz sein und wir setzen uns dafür ein, dass dies so bleibt.

In Anbetracht steigender Temperaturen im Sommer und längerer Wärme- und Hitzeperioden setzen wir uns auch für mehr öffentliche Trinkwasserbrunnen ein.

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